Manchmal, wenn ich Kinder beobachte, empfinde ich Neid. Ist es nicht einfach großartig, wie unbeschwert und offen die meisten Kinder durchs Leben gehen? Wie selbstverständlich sie mit anderen Kindern ins Gespräch kommen und gemeinsam spielen? Wie natürlich sie ihren Instinkten folgen - ihrer Freude und ihrem Leid Ausdruck verleihen? Und wie schnell ihre Welt wieder in Ordnung ist, nachdem sie gerade noch scheinbar um ihr Leben geheult haben?
Ich frage mich, wann wir aufhören, so zu sein. So offen und so neugierig. Die erste Phase unseres Lebens streben wir jeden wachen Moment danach, die Welt um uns zu erforschen, alles in uns aufzusaugen, zu lernen und zu verstehen. Bis wir es irgendwann nicht mehr tun. Bis wir meinen, alles Wissenswerte gelernt zu haben und mehr in einen Modus wechseln, in dem wir das uns Bekannte verteidigen und Neuem mit einer vorsichtigen Grundskepsis bis Abneigung begegnen.
Wann passiert das mit uns? Ist das evolutionstechnisch so vorgesehen oder haben wir gar Einfluss darauf?
Irgendwann steckt jeder in seiner Schublade. Ob er will oder nicht. Und gewährt dem Bekannten vor dem Fremden den Vorrang. Jene die das bestreiten, sind wohl wieder in einer eigenen Schublade. Wir lassen uns nicht mehr so gerne überraschen - und wenn, dann nur in einem irgendwie absehbaren Rahmen. Wir benügen uns mit einer Routine - mal zufriedener, mal weniger zufrieden und nehmen uns vielleicht fest vor, ab und zu einmal etwas Neues zu probieren. Vielleicht zur Abwechslung ein neues Restaurant für den Samstag Abend zu zweit zu reservieren. Oder eine neue Sportart auszuprobieren, um sie dann wieder ad acta zu legen. Sich an eine neue Diät oder Ernährungsweise zu halten oder einen neuen Trainingsplan zu befolgen. Oder - ganz verrückt - einmal einer neuen Farbe im Kleiderschrank Einlass zu gewähren.
Ich denke, Markus und ich sind nicht die einzigen, die sich einmal die “Ist das wirklich alles?”-Frage gestellt haben. Die stellt sich doch jeder einmal zu irgendeinem Zeitpunkt. Die Antwort scheint mir mittlerweile viel einfacher als noch vor ein paar Wochen oder Monaten: “Es ist natürlich nicht alles! Wie soll es denn?”
Auf unserer Welt gibt es so viel zu entdecken, dass man in einem Menschenleben nie genug Zeit hat, alles gesehen und gelernt zu haben. Ich frage mich, warum viele von uns dennoch entscheiden, sich an mehr oder weniger ein Lebensmodell zu halten, das ihnen eben bekannt ist, und daran festhalten, obwohl sie damit möglicherweise gar nicht zufrieden sind.
Was, wenn wir unsere Neugier bewahren und weiter erforschen - nicht nur was neue, exotische Küchen angeht - bis unsere Antwort auf die Frage “Ist das wirklich alles?” lautet: “Alles, was ich brauche, um glücklich zu sein.”
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